Abend am See





Den ganzen Tag im angenehm kuehlen Buero habe ich den heutigen Hitzetag fast verpasst.


Rekordhitze in Hessen, nach den trueben Tagen der vergangenen Wochen weiss ich garnicht richtig, ob ich mich freuen soll, oder jammern, weil es doch so schnell fast schon zu heiss ist. Ich entscheide mich fuers Freuen.


Dann spaetabends, es ist schon fast 8 Uhr, kommen das Kind und ich endlich dazu, an den See zu fahren, lieber spaet, als garnicht, lieber nur kurz, als zuhause bleiben, meint sie. Das ueberzeugt mich, einziger Wehrmutstropfen: unser Liebster ist noch nicht da und kann nicht mit - ein andermal bestimmt..


Freudig aufgeregt fahren wir los. Das Kind ist am Quieken und Planen: ja, den dicken Schwimmreifen nehmen wir dann auch mit...


Am See in Windeseile umgezogen, die Bastmatte, der Reifen, die Zeitung, das Quietscheentchen, die tuerkisen Plastikbadesandalen - frau geht ja nicht barfuss in unbekannte truebe Gewaesser.


Den See haben wir dann bald ganz alleine fuer uns, an die vorher noch jauchzend spielenden Kinder erinnert nur noch das verlassene, etwas luftarm traege auf dem Wasser schaukelnde Schlauchbootchen, das geduldig bis morgen auf seine Spielgefaehrten warten wird.


Erst zaghaft mit dem Fuss in das Wasser... iiiihhh... ist das kalt. Die sengende Hitze dieses Tages hat es selbstfreilich nicht geschafft, die vielen kuehlen Tage auszugleichen.

Aber: wir sind ja keine Weicheier (tm), also stuerzen wir uns wacker in die Fluten. Das Kind schleppt den Reifen an, ein grosses, blau-gruen geringeltes Teil mit zwei Griffen. Wenn man drinnen sitzt, haengt der Hintern tief im (brrrr so kalten) Wasser, die Kleine dreht den Reifen turbomaessig, mir schwindelt.


Ausser den kleinen Ringen, die wir ins Wasser ziehen, liegt der See ruhig und friedlich, als das Kind dann auch ein wenig ruhiger wird, kann ich mich umsehen: Das glatte Wasser, darin sich der Himmel spiegelt, in vielen Farben, funkelend tanzen die gleissendhellen Strahlen der untergehenden Sonne auf dem Wasser, grosse leuchtende Lichtflecken.


Nach einer Weile wird mir der Hintern dann doch zu kalt, ich gehe ans Ufer und setze mich auf die Strandmatte. Als diese ein wenig nass wird, riecht sie ganz toll nach Bast, exotischen Laendern, Urwald, Ferne, Urlaub.


Das Kind hat sich auf den Reifen gelegt, baeuchlingss laesst sie sich treiben. Die Sonne wirft nun einen breiten oragenen Blockstreifen ueber den See - wie kann etwas, was so weit weg ist, nur so hell leuchten?


Der See ist nun ganz unser, menschenleer liegt er in seiner vollen Breite vor mir.


Rundum stehen hohe meist dunkelgruene, mitunter auch heller gruene, kugelige Baume, die Reflexionen im Wasser bildet einen dunkelgruenen Ring. Der naechste Ring - genauer gesagt, Dreiviertelkreis - besteht aus einem dunkelen Blaugraublau, in den Himmel blickend identifiziere ich das Ganze als einen Ring dunkeler Wolken, ach ja, eben wollte es ja mal kurz gewittern. Die dunkelen Wolken sind an den Aussenraendern weiss, ganz aussen dann leuchtendrose oder gleissendgelb. Die Sonne versteckt sich jetzt immer mehr hinter ihnen, bis sie ganz dahinter verschindet und ihr sanftwarmes Licht nun indirekt zu uns schickt. Weite Teile des Himmels leuchten in einem zarten und doch sehr intensivem pastelligem Himmelblau.


Im See verwischen die Farben und Formen im sanften Gekraeusel des Wassers zu einer leuchtenden Melange in Pastell.


Hinter dem See liegt eine huegeleige Wiese in einem sattweichen Grasegruen, eigentlich viel zu gruen fuer die Jahreszeit, wo sich die Landschaft doch schon langsam im sommergelben Kleid zeigt.


Das Kind hat nun auch genug, kommt zu mir, wickelt sich in ein Handtuch und kuschelt sich an mich. Eine Entenkarawane zieht langsam ueber den See. Wir sitzen und sehen zu, es wird unendlich ruhig, ruhig in der Landschaft und ruhig in mir.