Herbstmesse |
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sonniger
septembernachmittag, die luft ist kuehl,man ahnt schon den nahen
herbst.
die herbstlich tiefstehende sonne vergoldet mit ihren
warmweichen, sanftschwebenden strahlen noch einmal den ganzen platz,
laesst ihren glanz in sonntaeglich frohen gesichtern widerscheinen,
toent sie ganz orangebraunwarmweich .
schaumwaffeln
klebrigsuess; zartbitterschokoladige saftigfrische fruchtige
versuchung auf holzstaebchen: aepfelig, bananig, pfirsichgut;
zuckerwatte: lockeres luftiges suesses nichts.
das
kettenkarusell lockt.
erwartungsvoll am kassenhaeuschen einen
rundbunten, regenbogenfarbig bedruckten chip loesen, die hohe
holztreppe hinauf, in den kleinen, schwankenden, pastellfarbenen
korbsitz kettern, den schwermetallenen rundbuegel ueber die
rasselnden ketten runterziehen. erwartungsvoll vorfreudig mit den
fuessen ein wenig auf dem silbernen blech des bodens scharren, sich
leicht abstossen, die schaukel an den langen ketten ganz sanft zum
schwingen bringen.
die froehlichen gesichter der anderen aus
den augenwinkeln sehen, den strahlendblauen himmel, die
schaefchenwolken, die sonne...
vorfreude, kribbeln im
bauch...
dann setzt das karusell sich in bewegung, mit einem
leisen, dumpfen grollen beginnt es sich leicht zu drehen.
den
kontakt zum boden verlieren, die bisher selbstausgeloeste und
selbstgesteuerte schaukelbewegung wird langsam von einer hoeheren
gewalt in eine drehung umgelenkt, die korbsesselchen heben ein wenig
ab, die fueesse verlieren den kontakt zum boden, ein kleiner ruck,
dann sanftleichtes schweben.von einem kleinen schwindel erfasst sanft
erschauern... weich an den langen ketten im kreis gleiten, schwerelos
schweben, einige runden. dann wechselt die intensitaet, das sanfte
gleiten und schweben bekommt eine neuen dimension, ein kleines
erhebendes gefuehl, leicht angelupft werden, wie von der grossen
zaertlichen hand eines sanften riesen emporgehoben, sich ein klein
wenig geborgen fuehlen, einen spannenden moment lang stockt der atem,
dann tief einatmen, die klare herbstluft, die sonne trinken, wind
kost weich die wangen, streichelt die haare aus dem gesicht.
dann
ist der moment des angehobenwerdens auch schon vorueber, ein ein
klein wenig beklemmendes gefuehl der erregung bleibt zurueck, ein
bisschen empfindlich und verletzlich sein...
dann - ploetzlich
- das sanfte schweben ist vorueber !
abheben!!!!!!
schneller
und schneller sich drehen
flieeeegeeeennn!!!
schnell
und schneller
hoch und hoeher
hinauf in das klare
blau des himmels
nicht mehr sanftes geniessen - pure laute
lust
lust am leben
lustvoll fliegen
wind wirbelt
wild mit wallenden haaren
weht mit warmer wucht wider die
wangen
lachen - jubeln - schreien
ich fliege
...
alles dreht sich, die farben verschwimmen, die augen
schliessen, rosarote welt... arme weit ausgebreitet, mund breit
ginsend, lachend, schreiend...
frei sein, froh sein, glueck,
lust ... und schon ein wenig der schmerz des abschiedes ...
langsam
wieder ruhiger werden...
sanfter
wieder gleiten,
langsam zu mutter erde zurueck, sanft ausgleiten, die pure lust
weicht wieder zu warmer zufriedenheit... nachfuehlen, tiefe ruhe
fuehlen, auspendeln lassen und mit leichtem schwindel taumelig die
hohe treppe herunterwanken, auch den koerper langsam auspendeln
lassen, der boden ist fremd, hart und unwirklich. langsam wieder
kontakt aufnehmen, sich wieder auf die erde einlassen. aber immer
noch tief innen die wohligwarme erregung, die ahnung von freiheit,
lust, abenteuer, ein bloedes grinsen auf den lippen, weiter
geniessen, lange lange noch nachfuehlen, ...